Viele Besitzer einer Armbanduhr werden sich wahrscheinlich noch gar keine Gedanken gemacht haben, ob und wie ihre Uhr zu öffnen ist. Das ist auch gut so. Uhren sollten nie unbedacht geöffnet werden. Im Gegenteil: In der Regel ist es wünschenswert, dass Uhren dicht verschlossen sind, damit keine Feuchtigkeit oder Schmutz eindringen kann. Taucheruhren beispielsweise sind derart gut verschlossen, dass selbst in größerer Tiefe bei hohem Druck kein Wasser in die Uhr eindringen kann.
Dennoch gibt es Gründe eine Uhr zu öffnen. Sei es für eine Reparatur oder einen simplen Tausch der Batterie bei einer Quarzuhr. Auch um das Werk einer mechanischen Armbanduhr vor dem Kauf zu prüfen. Was dabei zu beachten ist, mit welchem Werkzeug sie arbeiten müssen und wann der Gang zum Uhrmacher empfohlen ist, lesen Sie im folgenden Artikel.
Gründe, eine Uhr zu öffnen
Wechsel der Batterie
Sicher der häufigste Grund, sich selbst ans Werk zu machen. Die täglich getragene Quarzuhr ist stehen geblieben und benötigt eine neue Batterie. Wenn es sich nicht gerade um eine teure Luxusuhr handelt, kann man sicher den Versuch wagen, diesen Tausch zu Hause durchzuführen. Man sollte allerdings schon etwas Ahnung von der Thematik haben. Außerdem braucht es die passende Batterie, die von möglichst guter Qualität sein sollte. Da eine Batterie nicht mit den Fingern angegriffen werden soll (Fettablagerungen) und eine Metallpinzette einen Kurzschluss verursachen würde, benötigen sie auch noch eine Kunststoffpinzette. Es könnte auch nötig sein, die Uhr nach dem Tausch der Batterie resetten zu müssen. Wer sich unsicher ist, sollte dennoch zum Uhrmacher gehen, der diese Dienstleistung gegen kleines Entgelt gerne durchführt.
Reparatur der Uhr
Dieser Grund bleibt den eher versierten vorbehalten. Die Mechanik im Inneren eines Uhrwerks ist derart filigran, kleinteilig und empfindlich, dass man schon sehr genau wissen muss, was man tut. Ansonsten richtet man meist mehr Schaden an, als man glauben möchte.
Dennoch wird es manche geben, die sich an diese Aufgabe heranwagen, sei es weil sie die nötige Erfahrung mitbringen, oder weil sie in diesem Bereich etwas dazulernen möchten.
Uhr regulieren
Dieser Anwendungsfall kommt sehr häufig bei Trägern von mechanischen Armbanduhren vor, die einen kleinen Nachgang oder zu schnelles Laufen des Uhrwerks über den Rücker der Uhr regulieren möchten. Achtung, ein Nachgang nach mehreren Jahren Tragezeit sollte durch eine Revision und nicht durch regulieren behoben werden. Bei einer neuen Uhr kann es aber durchaus sein, dass hier ein wenig Feinjustage nötig ist.
Prüfen des Werks vor dem Kauf
Wer eine gebrauchte Armbanduhr erwerben möchte, will eventuell auch vor dem Kauf das Uhrwerk sehen. Gibt es doch Hinweise auf regelmäßige Revisionen, eventuell eingedrungenes Wasser, oder zerkratzte Schrauben, was auf unsachgemäße Reparatur hinweist.
Selbstverständlich ist es auch, den Besitzer der Uhr vor einem etwaigen Kauf um Erlaubnis zu fragen, ob die Uhr geöffnet werden darf. Es wird zwar keine Begeisterung aufkommen, aber wenn Sie echtes Interesse an der Armbanduhr zeigen, wird sich der Besitzer meist einsichtig zeigen.
Welche Böden gibt es bei Armbanduhren
einfache Verschraubung
Vor allem bei Sportuhren sieht man oft eine einfache Verschraubung am Boden der Uhr, hinter der die Batterie sitzt. Diese Verschraubung kann mit einer Münze oder ähnlichem geöffnet werden. Hier gelangt man aber nur zu der Batterie. Wollen sie Zugang zum Werk solch einer Uhr, muss die Uhr anderweitig geöffnet werden.
verschraubter Boden
Das Öffnen des verschraubten Bodens klingt jetzt einfach, ist es aber nicht. Dazu muss die Uhr nämlich ordentlich fixiert werden, um die nötige Kraft auf den Uhrboden übertragen zu können. Wer an einen Schraubstock denkt, sei gewarnt. Damit werden sie die Uhr mit Sicherheit beschädigen. Oft funktioniert folgende Methode. Uhr mit dem Uhrglas nach unten in die linke Hand nehmen. Mit einem dazu geeigneten Gummiball in der rechten Hand auf den Uhrboden drücken und drehen.
Dazu geeignete Bälle sind für wenig Geld zu kaufen. Das Material ist gummiartig, weich und dabei klebrig. So haftet der Ball fest am Uhrboden, um die nötigen Kräfte aufzubringen.
Bei Luxusuhren wird man mit diesem Werkzeug wenig Erfolg haben. Die Böden sind viel zu fest verschraubt. Es wird ein Gehäuseöffner benötigt. Diesen setzt man vorsichtig in die Kerben des Bodens und kann nun mit mehr Kraft drehen.
Es kann dazu auch nötig sein, die Uhr in einen Schraubstock für Uhren einzuspannen, der aus Kunststoff ist, damit die Uhr keine Kratzer bekommt.
Achtung: Wir raten eindringlich vom Hantieren mit Schraubenzieher bzw. Metallschraubstock ab, weil sie damit die Uhr unweigerlich zerkratzen.
gepresster Boden (gesprengter Boden)
Am einfachsten ist der gepresste Boden zu öffnen, obwohl auch der seine Tücken hat. Erkennen können sie den gedrückten Boden daran, dass er keine Einkerbungen hat, an denen man einen Gehäuseöffner ansetzen könnte.
Suchen sie stattdessen nach einer flachen Öffnung (Kerbe) zwischen Gehäuse und Boden. Hat ein Uhrmacher mit Ahnung die Uhr bereits einmal geöffnet und wieder verschlossen, dann finden sie diese Öffnung gegenüber der Krone. In diese Öffnung drücken sie nun ein Gehäuseöffnungsmesser (Schalenmesser) und hebeln so den Deckel ab.
Achtung, befindet sich dieser Spalt genau unter der Krone, könnte es passieren, dass die Krone beim Abheben beschädigt wird. Auch bei den Hörnern kann man das Öffnungsmesser sehr schlecht im Spalt ansetzen.
massiver Boden (Uhr muss über das Glas geöffnet werden)
Können sie keine Kerben zum Ansetzen eines Gehäuseöffners finden und auch keinen Spalt zum Ansetzen des Gehäuseöffnungsmessers, könnte es sich um einen massiven, fest mit dem Gehäuse verbundenen Boden handeln. Oder einfacher gesagt, das Gehäuse ist nur auf der Glasseite offen.
Solch eine Uhr zu öffnen ist nun dem versierten Uhrmacher überlassen. Sie finden solche Gehäuse (Monocoque-Gehäuse) beispielsweise bei Omega DeVille Armbanduhren, oder bei den älteren Breitling Top Time Modellen, aber auch bei Seiko.
Hier muss das Glas mit einem Glasheber abgenommen werden und die Krone (Reisskrone) samt Welle aus dem Werk gezogen werden. Jetzt lassen sich Zeiger und das Zifferblatt abnehmen und sie gelangen an das Werk.
Armbanduhr wieder verschließen
Ist die Armbanduhr geöffnet und die wunschgemäße Arbeit getan, dann muss sie natürlich auch wieder fachgerecht verschlossen werden. Wir gehen davon aus, dass der einfache, verschraubte Batteriedeckel kein Problem darstellt. Einfach im Uhrzeigersinn wieder aufdrehen. Ebenso gehen wir davon aus, dass niemand ohne große Erfahrung ein Einschalengehäuse öffnet, der es nicht wieder verschließen kann, daher überspringen wir die beiden Fälle.
verschraubter Boden
Haben sie es geschafft, den verschraubten Boden mit einem Gehäuseöffner zu öffnen (was der schwierigere Teil ist), dann verschließen sie in genauso wieder. Uhr in der Hand, oder einem Tuch festhalten, den Boden mit der Hand sanft und im Uhrzeigersinn aufschrauben. Dabei achten sie darauf, das Gewinde nicht zu verkannten. Das Aufschrauben muss leicht gehen. Die Dichtung im Boden nicht vergessen. Anschließend den Gehäuseöffner in die Kerben des Bodens einsetzen und festdrehen.
Falls es sich um eine wasserdichte Uhr handelt, sollte jetzt ein Drucktest (Wasserdichtigkeitstest) erfolgen.
gepresster Boden
So einfach der gepresste Boden meistens aufgeht, so heikel kann das Verschließen sein. Theoretisch legt man die Dichtung ein, setzt man den Boden einfach auf das Gehäuse und drückt ihn fest. Dabei darauf achten, dass die Einkerbung, die man zum Öffnen benötigt gegenüber der Krone ist.
Aber eben nur theoretisch. Denn oft lässt sich der Deckel einfach nicht mehr festdrücken, er springt immer wieder ab. Das Problem ist, dass so ein Deckel ähnlich einem Kronkorken einrasten muss, damit er ordentlich verschlossen ist. Drückt man aber mit dem Daumen in die Mitte des Deckels, verkantet sich dieser und rastet nicht ein.
Hier kann man versuchen, die Kraft so gleichmäßig als möglich aufzubringen, nicht nur in der Mitte des Deckels. Manche berichten von positiven Erfahrungen, indem sie ein Buch auf den Deckel legen und den Druck auf das Buch ausüben. Andere schwören auf die Methode mit beiden Daumen ganz außen am Rand.
Meist hilft aber nur eine Bodenpresse. Wer diese nicht zu Hause hat, dem bleibt der Gang zum Uhrmacher nicht erspart.
Werkzeug zum Öffnen und Verschließen einer Armbanduhr
Kunststoffpinzette
Unerlässlich für den Batteriewechsel. Da man eine Batterie nicht mit den Fingern nehmen sollte, um Fettrückstände auf der Batterie zu vermeiden, bleibt nur der Griff zur Pinzette. Eine Metallpinzette allerdings scheidet aus. Mit dem Metall würde man bei der Batterie einen Kurzschluss verursachen.
Uhrball
Eine sehr gute Alternative zum Öffnen einer Uhr mit Schraubboden ist ein Ball, der entweder weich und haftfähig ist, damit man diesen gut auf den Boden der Uhr drücken kann. Oder der Ball ist in zwei Hälften geteilt und man übt den Druck mit der flachen Seite aus.
Gehäuseöffner
Der Gehäuseöffner setzt mit seinen meist 3 Bits in den Kerben des Deckels ein und durch die Hebelwirkung lässt sich der Boden einfacher herausdrehen. Die Bits haben verschiedene Formen, je nach Uhrenhersteller und können im Gehäuseöffner ausgetauscht werden. Dazu schraubt man diese einfach mit der Hand heraus und die passenden anschließend wieder ein.
Der Abstand der Bits zueinander kann stufenlos verstellt werden, damit sich die Spannweite auf unterschiedliche Größen der Gehäusedeckel einstellen lässt.
Gehäuseöffnungsmesser (Schalenmesser)
Das Schalenmesser ist ein relativ stumpfes flaches Messer, mit dem in der Kerbe zwischen Deckel und Gehäuse angesetzt wird und ein gepresster Boden abgehebelt werden kann. Ist es eine Uhr ohne Kerbe, handelt es sich um einen geschraubten oder massiven Boden.
Uhrenschraubstock
Oft ist dermaßen viel Kraft nötig, um einen Deckel zu lösen, dass ein festhalten der Uhr mit der Hand kaum mehr möglich ist. Hier hilft ein Uhrenschraubstock, in den man die Uhr einspannen kann, ohne das Gehäuse zu zerkratzen.
Das Problem mit den wasserdichten Uhren
Das Öffnen von wasserdichten Uhren stellt kein großes Problem dar. Es kann genauso geöffnet werden, wie auch andere Gehäuse. Das Verschließen allerdings muss sehr sorgfältig erfolgen. Dichtungen müssen ordnungsgemäß eingesetzt und manchmal auch erneuert werden. Anschließend ist es dringend empfohlen, einen Test hinsichtlich der Wasserdichheit machen zu lassen.
Was hilft es, wenn man sich ein paar Euro erspart, indem man selbst Hand anlegt, die Uhr aber anschließend nicht mehr wasserdicht ist. Dringt Wasser in die Uhr ein, kommt es zur Korrosion und diese richtet enormen teilweise irreparablen Schaden an.
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