Ein Freund zeigt mir vor vielen Jahren seine neueste Errungenschaft. Er hatte sich eine neue „alte“ Armbanduhr gekauft. Sie war eher klein und auch nicht besonders auffällig. Schlicht und nett anzusehen. Eine Kaliber 89, wie er stolz berichtete. Ich war damals noch in der glücklichen Lage nicht zu wissen, was ein Kaliber ist, geschweige denn warum die Nummer 89 etwas besonderes ein sollte. So lobte ich natürlich seine Uhr in höchsten Tönen tat recht fachkundig, wunderte mich aber etwas über sein Gehabe. Er öffnete auch die Uhr vor meinen Augen und zeigte mir das noch sehr schön erhaltene und aufwendig verzierte Werk dieser Uhr. Kopfschüttelnd schielte ich auf meine Swatch am Handgelenk, die ich noch nie geöffnet hatte. Es war mir schlichtweg gar nie in den Sinn gekommen, welche Art von Motor im Inneren die Zeiger bewegt, auch war mir nicht bewusst, dass es hier Unterschiede geben kann.
Ich war neugierig und begab mich auf die Suche
So begann ich zu recherchieren und tauchte ein die Welt der Werkbrücken, Kaliber, Platinen, Genferstreifen, Sonnenschliffe um nur einige wenige zu nennen. Ich war fasziniert von den kleinen Bauteilen, die mit einer Lupe betrachtet noch immer winzig waren und die dennoch absolut regelmäßig Ihren Dienst verrichteten. Ich beschäftigte mich intensiver mit der Materie und der Wunsch nach der ersten „echten“ Armbanduhr wurde immer stärker. Meine erste Armbanduhr, die ich mit diesem wissen gekauft habe war eine Breitling Top Time, ein Chronograph in schlichtem Edelstahl-Gehäuse und einem silbernen Ziffernblatt. Noch heute könnte ich mich dafür ohrfeigen, das ich diese Uhr (wenn auch zu einem sehr guten Preis) wieder verkauft habe.
Die ersten Uhren werden gekauft
So nahm das Schicksal seinen Lauf, ich kaufte einen Diver, eine Dresswatch, einen Chronographen, ein seltenes Kaliber und noch eines, eine ungewöhnliche Gehäuseform, ein außergewöhnliches Zifferblatt und merkte schließlich, dass ich immer auf der Suche nach neuen Uhren war. Ich verbrachte mehrere Stunden am Tag (es war doch eher in der Nacht) damit zu recherchieren und die gängigen Plattformen nach Schnäppchen und Raritäten zu durchforsten. Da wurde es mir auf einmal bewusst: Das ist nicht mehr normal, ich bin ja fast Uhrensüchtig. In meinem Umfeld und Bekanntekreis konnte ich niemand um Rat fragen, denn die waren schon seit längerer Zeit der Überzeugung, dass ich komplett verrückt war. Wer schließlich häuft alte Uhren an, wenn er sowieso nur eine am Handgelenk tragen kann.
Auf der Suche nach Gleichgesinnten
So suchte ich Rat in einem der Uhren-Foren in des Weiten des Internet und entdeckte jede Menge Gleichgesinnter. Man könnte fast sagen, das diese Foren die größte Selbsthilfegruppe sind, die jemals eingerichtet wurden. Aber zumindest war ich nun nicht mehr alleine, ich fühlte mich bestärkt, denn auch andere kauften und verkauften (das aber eher weniger) Uhren was das Zeug hielt.
Ich entdecke schließlich, dass ich auch noch einer der harmloseren Fälle bin, gab es doch in einem namhaften deutschen Forum den Club MAD, der wie zwar vermuten liesse nicht aus Verrückten besteht, sondern dessen Name sich aus der Abkürzung „Mehr Als Dreihundert“ ableitet.
Ich hatte auch nach einiger Zeit den Höhepunkt überschritten, ich sammelte plötzlich nicht mehr alles, sondern nur mehr ausgesuchte Stücke, die aber leider mit der Zeit immer teurer wurden. Meine Ansprüche steigen immer mehr, wie ich erkennen musste.
Bin ich also Uhrensüchtig? Ich denke schon, sehe das aber nicht mehr als allzu großes Problem an. Es ist ein Hobby, dem ich manchmal mehr und manchmal weniger Zeit widme. Es macht Spaß sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und je mehr man davon weiß, desto mehr neues gibt es zu lernen. Es stellt auch keine Belastung dar (die Zeit, die ich aufwende und das eingesetzte Kapital halten sich einigermaßen in Grenzen) Aber es ist ein sehr schönes Hobby, welches ich nicht missen möchte.
Was hat es nun mit dem Kaliber 89 auf sich?
Wer nun wissen möchte, was das Besondere am Eingangs erwähnten Kaliber 89 ist, dem sei folgendes in aller Kürze erklärt. Das IWC Kaliber 89 mit zentraler Sekunde ist Pellatons erste Konstruktion und stammt aus der Zeit von 1946. Es ist ein Werk mit Handaufzug, welches sehr schön verarbeitet und verziert ist. Alles weitere würde den Rahmen dieses Artikels sprengen und ich überlasse es dem Leser tiefer in die Materie einzudringen und nach diesem Werk zu suchen. Ich muss aber eindringlich vor der Uhrensucht warnen und lehne jegliche Verantwortung ab.
Foto: IWC