Uhrwerk-Qualität

by wbartl
Uhrwerk mit hoher Qualität

Wer auf der Suche nach einer mechanischen Armbanduhr ist, verzweifelt bislang ob der Vielfalt an unterschiedlichen Kalibern in verschiedenen Qualitätsstufen. Was aber sind nun genau die Unterschiede, die sich durchaus auch im Preis niederschlagen. Was steigert die Genauigkeit der Uhr, was ist nur fürs Auge?
So gibt es bereits viele Standard-Werke, wie die Kaliber der ETA Familie, welche von vielen Uhrenherstellern verbaut (eingeschalt) werden. Diese Werke gibt es in verschiedenen Qualitätsstufen und dennoch gibt es Hersteller, welche diese Werke noch veredeln bzw. selbst Werke produzieren. In diesem Zusammenhang taucht auch immer wieder der Begriff Manufakturkaliber auf.
Zuerst wäre es interessant zu wissen, was der Konsument denn so an Qualitätskriterien erwartet, denn hier gibt es doch einige Alternativen: Genauigkeit (Ganggenauigkeit in verschiedenen Lagen), Haltbarkeit, Langlebigkeit, Wartungsfreundlichkeit, Robustheit, Gangreserve, Antimagnetisch, Wärmeunempfindlich, Wasserdicht, usw.
Nur um die Genauigkeit kann es dem Konsumenten aber schließlich nicht gehen, denn sonst würde er keine mechanische Armbanduhr kaufen, sondern eine mit Quarzwerk, oder eine Atomuhr.
Sehen wir uns daher zuerst an, welches die Hauptbestandteile eines Werks einer mechanische Armbanduhr sind:


1.    Platinen und Brücken, an denen die bewegten Bauteile befestigt werden
2.    Zahnräder
3.    Feder, bzw. Spirale
4.    Lager, Lagersteine

Brücken und Platinen

Beginnen wir bei den Brücken und Platinen, diese haben die Aufgabe bewegte Teile und die dazu passenden Lager aufzunehmen. Es wird klar, warum bereits die Genauigkeit bei der Fertigung dieser Teile später großen Einfluss auf das Gangverhalten des Uhrwerks hat. Aber nicht nur die Präzision bei der Herstellung, sondern auch das verwendete Material sind von Bedeutung. So ist es wichtig, dass die Bauteile keine Spannung aufweisen und auch keine Wärme oder Kälte ins Innere des Werks leiten. Platinen und Brücken für Uhrwerke werden daher mit einer Toleranz von 5/1000 Millimeter aus Rohlingen herausgefräst und auch die Bohrungen werden mit der gleichen Toleranz durchgeführt.
Das Material der Platinen und Brücken ist bei höherwertigen Uhren Messing, Neusilber aber auch Gold. Dabei sind eine Fertigungszeit von mehreren Stunden keine Seltenheit. Wenn die Rohlinge fertig gefräst und gebohrt sind, werden sie vermessen. Hier werden manchmal über 100 Messpunkte nachkontrolliert und die Platinen bei Bedarf (oft in Handarbeit) nachbearbeitet, oder wandern gleich in den Ausschuss. Nun werden die Platinen teilweise optisch aufbereitet. Es werden Perlagen aufgebracht, oder Zierschliffe, welche aber keinerlei Funktion haben, auch die Kanten werden in diesem Schritt (meist von Hand) angliert.
Um eine Oxidation der Platinen zu verhindern, werden diese vernickelt und in weiterer Folge oft auch rhodiniert oder vergoldet. Der nächste Schritt ist das einsetzen der Lagersteine (von Hand), dabei werden die Lager bei den Schweizer Uhrwerken direkt in die Platine gesetzt, in den Betrieben von Glashütte auch teilweise in Goldchatons. Die Einfassung mit Goldchatons dient wiederum der optischen Aufbesserung des Uhrwerks.

Wie oben beschrieben erfolgen in diesem Produktionsprozess viele Schritte von Hand. Eine Automatisierung für eine größere Serie kann nur erreicht werden, wenn die Toleranzen vergrößert werden. Eine Vergrößerung der Toleranzen wird sich aber in den meisten Fällen in einer schlechteren Ganggenauigkeit  zeigen. Wobei wir hier zwar von minimalen Unterschieden sprechen, die aber dennoch messbar sind. Die Optische Aufbesserung durch Perlagen oder Anglierung ist durchaus auch maschinell machbar. Darum sind Werke aus maschineller Produktion optisch identisch, das Manufakturwerk aber immer ein Einzelstück.

Zahnräder

Zahnräder werden im Idealfall aus Vollmaterial herausgeschnitten. Dabei ist es wichtig, das das Werkzeug scharf ist und exakt arbeiten kann. Je öfter das Werkzeug getauscht wird, desto exakter werden die Zahnräder werden, was sich letztlich wieder in den Kosten niederschlägt.
Die Zahnräder werden nun noch vermessen, nachbearbeitet, aussortiert und geglättet. Die Zahnflanken der Zahnräder werden poliert, damit die Reibung später so klein wie möglich gehalten wird. Im Uhrwerk einer Großserie entfällt das Nachbearbeiten und Polieren, da es den Produktionsprozess zu aufwendig machen würde. Darum nutzen sich auch Zahnräder aus einer größeren Serie schneller ab und zeigen größere Schwankungen im Gangverhalten. Der Abrieb fördert den Verschleiß noch zusätzlich, da er zusammen mit den Schmiermitteln eine Art Polierpaste wird, der Auf die Zahnräder wirkt.

Feder und Spirale

Die Feder, welche später gespannt im Federhaus als Kraft wirkt, die das Uhrwerk in Bewegung setzt, beeinflusst das Gangverhalten am meisten. Hier bestimmen Material und auch die Art der Wicklung, ob die Kraft über die gesamt Laufzeit konstant abgegeben wird (was das eigentliche Ziel wäre). Diese Ziel wird nicht 100% erreicht, in der Praxis ist die Kraft eine voll gespannten Feder höher, als die einer fast abgelaufenen Feder. Hier versuchen die Hersteller mit unterschiedlichsten Verfahren das Gangverhalten abzustimmen und es werden auch mehrere Federhäuser verbaut um eine stete Kraftübertragung zu erreichen. Auch die Gangreserve wird durch den Einsatz mehrerer Federhäuser erhöht.
Die Spirale im Unruhreif wiederum sorgt für konstante Schwingungen im Uhrwerk. Der Unruhreif muss dafür (von Hand) gewuchtet werden. Die Spirale wird im besten Fall durch manuelles Nachbiegen derart angepasst, dass das gewünschte Schwingungsverhalten erreicht wird. Dabei ist die Fertigung und das Material der Spirale eines der meist gehüteten Geheimniss der Uhrenproduktion. So muss die Spirale resistent gegenüber Magnetismus, Oxidation, Verformung und Bruch sein.
Für eine hochwertige Armbanduhr der oberen Preisklasse kommt dabei nur eine handverlesene Spirale zum Einsatz, bei Uhrwerken aus der Serie ist das natürlich nicht möglich. Die hochwertigsten Spiralen werden derzeit aus Silizium hergestellt.

Lager, Steine

Als Lager werden heute synthetische Steine, also künstliche Rubine verwendet. Dabei kommt es nicht nur auf die Reinheit des Materials an, sondern auch auf den Schliff. Die Steine müssen als Lager dienen und so wenig Reibung wie möglich haben. Dabei darf das Lager aber auch kein Spiel haben und der Abrieb muss beinahe bei Null liegen. Jede Welle und jedes bewegte Teil wird derart gelagert. Ab einer gewissen Anzahl von Lagersteinen wird aber fast nur mehr optisch aufgehübscht, als die Funktion verbessert. 

Foto: uhrtipps.com

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